Thomas Pfeuffer und Malte Jacobsen, Teilnehmer von den Jusos Thüringen beim IUSY World Festival 2017 in Jalё, Albanien, fassten ihre Eindrücke von den gemeinsamen Tagen in diesem Blogbeitrag zusammen.
Sozialist*innen aller Länder vereinigt euch! Beim IUSY Summercamp am Strand von Albanien
Der Weg nach Albanien
Im Jahr ihres 110 jährigen Bestehens rief unsere weltweite Dachorganisation IUSY (International Union of Socialist Youth) http://iusy.org/ zum Sommercamp und World Festival nach Albanien auf.
Das IUSY World Festival, zeitweise auch Internationales Sozialistisches Jugendtreffen, findet schon seit 1952 im Rhythmus von in der Regel drei Jahren statt und wurde letztmalig 2014 auf Malta veranstaltet. Dabei treffen sich viele hundert Jugendliche der sozialdemokratischen und sozialistischen Mitgliedsverbände von IUSY zum lockeren und ungezwungenen Zusammenkommen, Kennenlernen und Austauschen. All das abseits von Kongressen, Konferenzen oder Parteitagen und dafür direkt am Strand mit einer vollen Ladung Freizeit und Entspannung. Daneben kommt selbstverständlich auch das Angebot an politischen Aktivitäten, Diskussionsrunden, Seminaren und Workshops nicht zu kurz an dem jede*r Teilnehmer*in nach Belieben partizipieren kann. Und so begaben sich auch in diesem Jahr wieder einmal über 1.000 Teilnehmer*innen aus der ganzen Welt zum IUSY World Festival, darunter rund 30 Jusos aus Deutschland.
Dem Aufruf zum Festival folgten auch wir, Thomas und Malte, als Jusos aus Thüringen und machten uns früh am Morgen des 13. Juli auf die rund 1.400 km lange Reise gen Süden. Um auf dem Weg auch was von Land und Leuten mitzubekommen beschlossen wir die Strecke zum Camp und zurück mit dem Zug zu absolvieren. So ging es zunächst mit dem ICE bis nach Basel und von dort weiter über Mailand mit dem Nachtzug bis in die idyllische, süditalienische Hafenstadt Brindisi. Am Abend desselben Tages setzte unsere Fähre nach Albanien über. Am 14.07. kamen wir so in der albanischen Küstenstadt Vlora an und von dort nahmen wir einen der zahlreichen Minibusse durch die Berge bis zum Festivalgelände am Strand von Jale.
Glücklich die lange aber dafür unglaublich spannende Anreise erst einmal hinter uns gebracht zu haben, konnte das Camp somit nun auch für uns Thüringer Delegierte starten. Und das bei sich seit Deutschland beständig verbesserndem Wetter. Denn in Albanien brannte die Sommersonne mit weit über 30°C vom wolkenlosen Himmel. Es konnte also losgehen: Sommer, Sonne, Sozialismus! 😉
Das Summercamp
Mit Beginn des Festivals mussten wir zu aller erst die Rules of Conduct unterzeichnen. Wie bei allen Veranstaltungen von IUSY erklären wir darin unter anderem solidarisch miteinander umzugehen und uns an die Regeln des Camps zu halten, wie zum Beispiel nationale Symbole zu verbannen und konsequent gegen Diskriminierung, Gewalt oder Übergriffe vorzugehen. Bei Vorfällen war das Trust Team für alle Teilnehmer*innen jederzeit ansprechbar.
Das Campgelände bestand aus zwei größeren Arealen mit Zwei- bis Sechs-Personen-Zelten und war nur wenige Minuten vom Strand entfernt. Der zentrale Bereich war ein schattiger großer Platz mit Bäumen, Bänken und Tischen zum Essen und für nette Unterhaltungen. WLAN war auf dem gesamten Gelände vorhanden. Zwischendrin gab es verschiedenste Plätze für Workshops und Diskussionsrunden, ergänzt durch eine Bühne für Eröffnungs- und Abschlussveranstaltung, Podiumsdiskussionen und ein Konzert.
Unser Tagesablauf wurde gerahmt durch die anstehenden Veranstaltungen und die festen Zeiten für Frühstück, Mittag- und Abendessen. Die Mahlzeiten, genau wie die gesamte Logistik auf dem Festivalgelände, wurden hauptsächlich von unseren gastgebenden albanischen Genoss*innen organisiert. Auch wir als Jusos entschieden jedoch tatkräftig mit anpacken zu wollen und halfen am Donnerstag mit in der Küche und bei der Essensausgabe. Einerseits war das eine klasse Teambuildingmaßnahme und brachte uns in Kontakt mit vielen jungen Albaner*innen, andererseits hatten wir auch einen riesen Spaß dabei!
Insgesamt konnten wir uns somit unseren Tag und die Aktivitäten denen wir nachgehen wollten selbst zusammenstellen und somit perfekt auf jede*n von uns zugeschnittenen.
Workshops
Jeder Tag bot uns eine Fülle von Workshops, von denen viele auch von den Jusos veranstaltet wurden. Inhaltlich waren die Workshops nach den Weltregionen gegliedert. Wir starteten mit einem Mediteranian Day. Es folgten der Europatag, der Afrikatag, der Amerikatag und den Abschluss machte die Region Asien-Pazifik. Es gab Workshops, in denen ganz grundsätzlich an Schwerpunkten wie LGBTIQ*, Sozialismus, Populismus, Globalisierung oder das Wohnen gearbeitet worden ist. Andere beschäftigten sich mit konkreten Situationen in einzelnen Ländern wie Venezuela, Brasilien, Schweiz, Philippinen oder auch mit den G20-Protesten in Hamburg oder dem Nahost-Konflikt. Insbesondere der Workshop zu den Philippinen war sehr bedrückend, wenn man hört, mit welchen Problemen die (jungen) Menschen, ganz besonders aber Arme und vor allem Frauen, unter einem Präsidenten wie Duterte zu kämpfen haben. Auch der Workshop zum Wohnen war überaus aufschlussreich. Wenn man darüber redet wie in unterschiedlichen Regionen der Welt mit diesem Thema umgegangen wird. Für uns Jusos ist das Fehlen von bezahlbarem attraktivem Wohnraum eines der großen Herausforderungen. In anderen Regionen, gerade in Lateinamerika, wo eine extreme Verstädterung stattfindet, ist das ebenso ein großes Thema. Und wenn dann ein junger Sozialist aus der Karibik berichtet, dass regelmäßig große Zahlen an Wohnungen vernichtet werden, aufgrund von Hurrikans oder Ähnlichem, dann wird die Dimension dieser Frage erst richtig deutlich. Zudem erhielten wir durch den Besuch einer albanischen Aktivistin in einem der LGBTIQ*-Workshops Einblick in die Situation von Menschen der LGBTIQ*-Community in Albanien und konnten dieses Thema auf internationaler Ebene vergleichen. Dabei hat es uns natürlich besonders gefreut von unserem Erfolg bei der Umsetzung der Ehe für alle in Deutschland berichten zu können. Gleichzeit wurde verdeutlicht wie viel schwieriger die Situation in großen Teilen der Welt immer noch ist. Das hat uns darin bestärkt mit unserem Engagement weiter voran zu gehen, um auf der ganzen Welt für weiteren Fortschritt zu kämpfen.
Delegationstreffen
Angereichert wurde das Programm durch bilaterale Delegationstreffen, die von den tollen Delegationsleitungen angesetzt und organisiert worden sind. So trafen wir uns mit den Jungsozialist*innen aus Österreich (SJÖ) und der Schweiz (Juso), mit dem Mouvement des jeunes socialistes aus Frankreich und mit den jungen Teilnehmenden aus Belgien (Animo) und den Niederlanden (Jonge Socialisten). Zunächst unterhielten wir uns über die Situationen in den jeweiligen Länder und über die Herausforderungen mit denen wir uns in hauptsächlich konfrontiert sehen, wie zum Beispiel dem Rechtspopulismus, wie Geert Wilders, aber auch mit einem Emmanuel Macron, der sich anschickt eine marktliberale Agenda umzusetzen und im Stile eines Donald Trump auch nicht vor Reformen vorbei am Parlament zurückschreckt, indem er mit Dekreten hantiert, oder daran arbeitet, Einschränkungen von Bürgerrechten ohne richterliche Entscheidungen möglich zu machen. Entlang dieser Themen lernten wir viel über die Funktionsweisen der Staaten, der Parteien und der parlamentarischen Systemen in unseren Nachbarländern. Insbesondere mit den deutschsprachigen Jungsozialist*innen sprachen wir über Kooperationsmodelle wie der Alpeninternationalen. Es entstanden auch Ideen, wie etwa gemeinsame Aktionen bzw. Kampagnen zum Beispiel zum 1. Mai umzusetzen.
Weitere Highlights
Verschiedene große Events ergänzten die Programmpunkte unserer Festivalwoche. So kam der frisch gewählte Albanische Premierminister Rama vorbei, was vor allem die albanischen Genoss*innen gefreut hatte. Außerdem veranstalteten wir am letzten Tag einen großen Pride March im Camp sowie im Ort, bei dem wir auf die weltweite Situation von Menschen der LGBTIQ*-Community aufmerksam machen konnten.
Fast jeder Festivaltag wurde mit einer Podiumsdiskussion beendet. Dort wurden zum Beispiel Themen wie Populismus verhandelt. Sehr spannend war es, mal die europäische Brille abzusetzen und den internationalen Kontext viel stärker zu betrachten. Weiterhin hatten wir Podien zu LGBTIQ* in den unterschiedlichen Weltregionen mit der tollen Zita Gurmai oder auch eines zur Zusammenarbeit zwischen Europa und Afrika. Die Diskussionen wurden in aller Regel auf Englisch durchgeführt. Für nicht englischsprachige Teilnehmende standen Übersetzer für Spanisch und Französisch in Übersetzerkabinen bereit.
Doch auch nach den Podiumsdiskussionen war noch lange nicht Schluss. An einem Tag spielte eine Live-Band auf der Bühne des Festivalgeländes, an einem anderen Abend trat eine italienische Band bei der IUSY-Party im nahegelegenen Klub auf, die unter anderem antifaschistische Lieder wie “Bella Ciao” sangen. Am vorletzen Abend veranstaltete die Sozialistische Jugend Österreichs einen internationalen Arbeiter*innenliederabend, bei dem wir uns zum Gitarrenklang selbstverständlich alle inbrünstig mit Gesang beteiligten. Jeder Abend bot zudem noch genügend Zeit für das ein oder andere Kaltgetränk, das Feiern bei guter Musik der albanischen DJ*anes oder einen eher entspannten Tagesausklang am Strand. So haben nicht wenige von uns ihre Trinkfestigkeit und Treffgenauigkeit beim Flunkyball in international gemischten Teams unter Beweis stellen können. Für jede*n war etwas dabei.
Nach dem Sommercamp ist vor dem Sommercamp
Für uns war es eine wunderbare Zeit beim in Albanien beim IUSY World Festival. Während unserer Reise haben wir viele großartige neue Erfahrungen machen können, eine Menge interessanter Einblicke gewonnen und eine Vielzahl neuer Freunde gewonnen. Wir freuen uns bereits auf das nächste Sommercamp!
Malte und Thomas für die Jusos Thüringen
Fotos: Malte Jacobsen
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