Ein Blogbeitrag unseres Landesvorstandsmitglieds Katharina Klaus:

Es war nicht wirklich überraschend und doch die Schlagzeile der letzten Woche: Die Herero und Nama verklagen die Bundesrepublik Deutschland in New York. Grund dafür ist ihr Ausschluss von den gerade laufenden Verhandlungen zwischen Deutschland und Namibia über Wiedergutmachungszahlungen zugunsten von Erinnerungsprojekten. Bitte was?

Außenamtssprecher Martin Schäfer sagt dazu, es gebe gute Gründe, die Betroffenen von den Gesprächen auszuschließen. Welche das seien, ließ er offen. Er verweist lieber auf die gute Entwicklungszusammenarbeit mit Namibia.

Rufen wir uns nochmal ins Gedächtnis, worum es geht: Während der Zeit der deutschen Kolonialherrschaft in „Deutsch-Südwestafrika“, dem heutigen Namibia, wurde zwischen 1885 und 1903 ein Viertel des Landes der Herero und Nama, welche in der Mitte und dem Süden des Landes angesiedelt waren, durch deutsche Siedler*innen enteignet. Frauen* und Mädchen* wurden vergewaltigt, die Bevölkerung musste Zwangsarbeit leisten. Die deutsche Kolonialmacht perfektionierte ein System der Abhängigkeit, welches Tausende zur Lohnarbeitsabhängigkeit nötigte und keinen Schutz vor dem systeminhärenten Rassismus bot.

1904 kam es zum Aufstand durch die unterdrückten Bevölkerungsgruppen, welcher blutig niedergeschlagen wurde. Überlebende flohen in die Omaheke-Wüste, welche daraufhin abgeriegelt wurde. Die Menschen verdursteten. Um den Rückhalt aus der Bevölkerung für diesen Krieg zu schwächen, wurden tausende Herero und Nama in Konzentrationslager/Kriegsgefangenenlager deportiert, wo sie auf ihr Leben in der rassistischen Utopie der deutschen Eliten vorbereitet werden sollten.

Die Auswirkungen des Genozids sind heute noch spürbar. Indigene Strukturen wurden zerstört, die Herero-Gesellschaft musste sich nach dem Völkermord neu erfinden. Die Herero und Nama werden noch heute sozial und politisch marginalisiert.

Offensichtlich konnte auch die deutsche Delegation ihren Paternalismus noch nicht überwinden. Anders ist nicht zu erklären, dass weder eine Entschuldigung noch Reparationszahlungen Teile der Verhandlungen sind. Es entsteht der Eindruck, dass die Gespräche so schnell wie möglich – also noch vor der Bundestagswahl – abgeschlossen werden sollen. Dieser Zustand ist unhaltbar! Verhandlungen mit einem Volk, das man auslöschen wollte, beginnt man nicht, indem man ihnen die eigenen Bedingungen aufzwingt.

Wir Jusos solidarisieren uns mit den Herero und Nama und fordern die deutsche Regierung auf, ihre Vertreter*innen in die Gespräche einzubinden. Für eine erfolgreiche Aufarbeitung der Verbrechen in Namibia ist es unabdingbar, dass die Nachkommen der Opfer endlich auch finanziell entschädigt werden. Wir stehen weiterhin zu unseren Forderungen nach einer Rückführung aller sich in Deutschland befindenden Totenschädel und einer verpflichtenden Auseinandersetzung mit dem Genozid im Geschichtsunterricht.

Mehr als 100 Jahre nach dem Völkermord ist es mehr als Zeit endlich zu den Verbrechen zu stehen und die Verantwortung dafür zu übernehmen.

Weitere Informationen findet ihr beim Bündnis „Völkermord verjährt nicht!“:

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