Es war im Sommer 2011, als das jungsozialistische Sommercamp der Arbeidernes Ungdomsfylking (AUF) in Norwegen ein jähes Ende nahm: Am 22. Juli ermordete ein faschistischer Attentäter 77 Menschen. Nachdem er mit einer Bombe in Oslo 8 Menschen ermordete, erschoss er 69 Genoss*innen der AUF, Jugendorganisation der sozialdemokratischen Arbeiterpartei (Ap), auf der Insel Utøya. Das Tatmotiv wurde schnell durch den Attentäter selbst klargestellt: Hass und Angst vor einer vermeintlichen „Islamisierung Europas“. Was folgte waren Schock und Entsetzen, aber auch Solidarisierungsbekundungen der sozialistischen Jugendverbände auf der ganzen Welt.

Die Betroffenheit über die Tatsache, dass junge Genoss*innen sterben mussten, weil sie sich für eine bessere Gesellschaft einsetzen, sitzt bis heute tief. Eine solche gut geplante und koordinierte Tat ist ein rechtsterroristischer Anschlag auf den gesellschaftlichen Pluralismus. In den Medien wird die Tat, teilweise bis heute, jedoch nicht als Rechtsterrorismus, sondern als Amoklauf bezeichnet, ungeachtet dessen, dass sich der Täter vor Gericht wegen Terrorismus und vorsätzlichen Mordes verantworten musste. Man stelle sich nur mal vor, die Anschläge auf den Flughafen von Brüssel oder Paris im vergangenen Jahr würden als Amokläufe bezeichnet. Niemand käme auf diese Idee. Warum? Nun es gibt zwei augenscheinliche Unterschiede zwischen dem, was in Norwegen passiert ist und dem, was mensch sofort in die Kategorie „Terrorismus“ einordnet. Zum einen die Herkunft des Täters. Der vermeintliche Amokläufer von Utøya ist quasi ein Landsmann seiner Opfer, während es sich bei den Terroristen von Brüssel und Paris um Menschen aus nicht-europäischen Ländern handelt. Zum zweiten das Tatmotiv: Anschläge mit einem religiös-fundamentalistischen Motiv im Sinne des Islamismus sind wie selbstverständlich Terrorangriffe. Das Motiv von Utøya hingegen kann man zwar auch als religiös-fundamentalistisch bezeichnen, allerdings ist der Täter der Überzeugung, dass er seine Taten im Namen des Christentums und eben nicht des Islams verübt hat. Vor allem aber sind seine Motive eins: rechts!

Das Attentat richtete sich dabei gegen Menschen, die sich für Toleranz, Demokratie und gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit einsetzten. Der Täter selbst erklärte vor Gericht die 69 Genoss*innen seien eben nicht unschuldig, weil sie politische Aktivist*innen seien. Für die Opfer, die bei seinem Bombenangriff in Oslo ums Leben gekommen sind, entschuldigte er sich. Nein, hier handelt es sich nicht um einen Amokläufer. Der Täter ist ein kühl kalkulierender Mörder, welcher aus rassistischer Gesinnung, gepaart mit weißem Überlegenheitswahn und diffusen Bedrohungsängsten einen gut geplanten, gezielten Anschlag auf Jungsozialist*innen verübte. Doch auch hier gilt: „Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf“, wird die Tat auch in der aktuellen Berichterstattung weiterhin als Amoklauf bezeichnet. Googelt es einfach. Die Auswüchse und die Gefahren des Rechtsterrorismus werden hier offenkundig heruntergespielt. Der Täter war kein irrer Einzeltäter. Seine noch immer unfassbare Tat muss eingeordnet werden in einen rechtspopulistischen ideologischen Kontext, der sich in Europa und auch in Deutschland immer mehr etabliert. Die Probleme und möglichen Gefahren werden pauschalisiert, populistische Lösungen werden angeboten, die sich dann in Islamophobie und Hass gegen Minderheiten ausdrücken. Aktuelle Studien zeigen, wie weit rassistische Einstellungen in die sogenannte „Mitte“ der Gesellschaft hineinwirken. Zuzugeben, dass es ein Problem mit rechter Gewalt gibt, eine Bedrohung durch rechten Terrorismus real ist, viel schon immer schwer – der Politik, den Medien und der Gesellschaft. Es wird Zeit dagegen vorzugehen!

Wir möchten an die Opfer erinnern. Sie und die Hintergründe der schrecklichen Tat werden wir nicht vergessen. Deshalb möchten wir, Jusos Thüringen, SJD – Die Falken und Naturfreundejugend Thüringen mit Euch am Freitag, den 22. Juli, um 17:30 am Willy-Brandt-Platz in Erfurt Uhr gemeinsam gedenken. Bitte bringt alle eine Blume mit, um sie dort niederzulegen! Im Anschluss wird es ab 18.30 Uhr eine Diskussionsrunde zum Thema „Rechtsterrorismus in Europa“ im Büro der Falken in der Thälmannstraße 26 geben.

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