Wir leben in Zeiten, in denen Populist*innen den Anschein erwecken, es gäbe einfache Lösungen, nur es gäbe keine Person in Verantwortung, die Mut habe, zu handeln.
Der Konflikt in Syrien, die Ukrainekrise, die Unsicherheit der baltischen Staaten und die Zusammenarbeit der rechten Kräfte mit der Russischen Föderation waren Punkte der Diskussion beim Treffen mit Vertreter*innen der russischen Botschaft. Die Beziehungen zwischen Europa und Russland waren sicherlich seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion nie schlechter. Die Vertreter*innen der Botschaft sprachen von einer Eiszeit. Ein Konflikt zu lösen, davon sind wir als antimilitaristischer Verband überzeugt, geht nur über gute Diplomatie. Deshalb war es sehr spannend, mit den Vertreter*innen ins Gespräch zu kommen.
Bei Gesprächen und Nachfragen über den Ukraine-Konflikt bezeugten Vertreter*innen der Russischen Botschaft auf Nachfrage, dass sie bereit sind sich weiter für Frieden zu engagieren und sich zum Minsker Abkommen zu bekennen. Die Ukraine müsste sich aber bewegen. Es scheint an Räumen zu fehlen, in welchen ukrainische und russische Vertreter*innen überhaupt auf Augenhöhe sprechen können. Die Ukraine, die schon vor dem Konflikt in einer tiefen wirtschaftlichen Krise war, ist aufgrund des Konfliktes in einer viel schlechteren Situation. Die Privatisierungswelle in allen Sektoren, unter anderem auch in der Daseinsvorsorge geht ungestoppt weiter. Die internationalen Hilfen reichen nicht aus, um das Land auf dem gleichen Niveau zu halten. Gleichzeitig forciert Russland den Bau der Pipeline unter der Ostsee zum massiven wirtschaftlichen Nachteil für die Ukraine und schwächt damit das genannte „Brudervolk“. Auf die Frage zu der Beziehung der baltischen Staaten reagierte man mit Unverständnis. Das sei kein Schwerpunkt in der Außenpolitik des Kremls. Es scheint als sei Russland, 28 Jahre nach dem Zusammenbruch der UdSSR, nicht bereit die Staatlichkeit ehemaliger Ostblockstaaten hinzunehmen und darauf politische Beziehungen aufzubauen.
Indem Russland mit antieuropäischen Kräften und damit gegen die Europäische Union arbeitet wird versucht sich geopolitisch mehr Macht zu ermöglichen. In der russischen Botschaft in Berlin, die zu einer der größten der Welt gehört, sind einzelne Möbelstücke aus der ehemaligen Reichskanzlei in Benutzung. Diese Verwendung sollte insbesondere in der Zeit der Sowjetunion den Sieg über das Nazi-Deutschland symbolisieren. Aus diesem Blickwinkel thematisierten wir die Förderung des russischen Staates. Mit dem Verweis einer Veranstaltung der AfD mit einem Rabbiner zum Thema Antisemitismus wurde behauptet, die AfD sei keine nationalistische Partei. Dass sie damit auch den Hass gegen die eigenen Staatsbürger*innen (insbesondere die jüdischen Kontingentflüchtlinge), die in Deutschland leben, haben wir versucht deutlich zu machen. Russland versucht sich geopolitisch mehr Macht zu ermöglichen, in dem es gegen die Europäische Union arbeitet. Roll-Backs, wie die Wahl von Trump sowie die neue Stärke der Rechten in Europa macht Putins Administration noch entschlossener weiterzumachen. Das gleichzeitig ein geschwächtes Europa auch für Russland schlecht ist, ist nicht Teil der Vorstellung einer „multipolaren Welt“ mit Regionalmächten.
Für die Jusos muss es weiterhin wichtig sein, den Dialog zu suchen, zu erklären und Standpunkte näher zu bringen. Die Bundesrepublik und Europa muss mehr in die Zusammenarbeit zwischen den Zivilgesellschaften tun. Das betrifft nicht nur mehr Schüler*innenaustausche, sondern mehr gemeinsame FSJ-, Studierenden-und Azubiprogramme, aber auch die Förderung der Zusammenarbeit der verschiedenen Vereine, Gewerkschaften, Kommunen und Regionen. Es muss dabei möglich sein in einen Dialog treten zu können, ohne dabei gleichzeitig die Annexion der Krim oder das Verhalten Russlands gegenüber den ehemaligen Ostblockstaaten anzuerkennen oder die Sanktionen anzuzweifeln. Dass in Thüringen Vertreter*innen aller großen Parteien sich gegen Sanktionen gegen Russland stellen, lehnen wir daher klar ab: Die Antwort auf völkerrechtswidriges Verhalten darf nicht ein Weiter-So aus wirtschaftlichem Interesse sein. Diese Sanktionen sind ein elementares Instrument und müssen weiterhin bestehen bleiben.
von Oleg Shevchenko, Landesvorsitzender der Jusos Thüringen
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