#4 Rezension für Dich und Mich
Serienrezension zu „Haus des Geldes“
von Daniel Gracz, stellv. Juso-Landesvorsitzender
Netflix – ein Wort, ein Medienunternehmen und eine ohne nähere Erläuterung auskommende Suchtbeschreibung. In den letzten von Isolation geprägten Wochen kam wohl so manch eine*r ebenfalls dazu, die Netflix-Bildschirmzeit höher als die eigene Schlafzeit ansteigen zu lassen. Und wenn diese Zeit mit überzeugendem Content gefüllt ist, hat mensch so ja wenigstens einen guten Gesprächsstoff für die täglichen Imitationen sozialer Interkation auf Skype, Zoom oder Discord.
Seit der Veröffentlichung der vierten Staffel Anfang April war die spanische Serie „La casa de papel“ bis heute durchweg unter den TOP 10 der Netflix-Serien. Nach eigenen Angaben der Produktionsleitung ist sie zudem die international meist gesehene nicht-englischsprachige Serie. Und auch die zahlreichen Empfehlungen meines analogen Umfelds sollten recht behalten: Es lohnt sich! Um den Plot zu erahnen, empfehle ich den Trailer, für die Besetzung den Wikipedia-Artikel, für Spoiler redefreudige Freund*innen und für drei gute Argumente aus einer sozialistisch gefärbten Brille die folgenden Absätze.
Bevor die Lobeshymnen starten, will ich nicht unerwähnt lassen, dass die ersten Folgen aufgrund sehr vieler Rückblenden durchaus etwas zäh wirken können, aber wer „Dark“ gesehen hat, ist bereits an Schlimmeres gewohnt. Nun gut, das offensichtlichste Argument zuerst: die Kapitalismuskritik. Eine gewöhnliche Bank auszurauben, ist altbacken, aber die spanische Banknotendruckerei für mehrere Tage zu besetzen und selbst das Geld zu drucken, hat durchaus Stil. Niemanden wird Geld gestohlen, da es bis dato ja nicht existierte. Der Kapitalismus wird in der Serie nicht nur dauernd in seinen Grundzügen kritisiert, sondern auch mit seinen eigenen Mitteln geschlagen. Als zu Beginn der dritten Staffel noch eine soziale Umverteilung innerhalb der sich in der Öffentlichkeit aufhaltenden Bevölkerung Madrids vollzogen wird, schlug bei mir das sozialistische Herz gleich doppelt so schnell.
Um die Robin Hood Nachahmung perfekt zu machen, soll niemand – weder die Geiseln noch die Polizei – verletzt werden. Zwar kommt eine durchaus hohe Anzahl an Waffen und Sprengstoff zum Einsatz, dennoch ist Gewaltfreiheit die oberste Devise. Also zumindest in der Theorie, andernfalls bräuchte mensch ja auch nicht 22 Folgen, um das Storyboard abzuarbeiten. Zu Robin Hood gehört natürlich auch die Solidarisierung der Bevölkerung, die spätestens ab der zweiten Staffel immer sichtbarer wird. Die unter Städtenamen agierenden autodidaktischen Banknotendrucker*innen werden zum Sinnbild des Widerstands gegen das „System“, gegen den Polizeistaat und gegen die Korruption.
Und nun kommen wir zum Totschlagargument: Kritik am Patriarchat! Bääm! Weiblich gelesene Personen in Führungspositionen, die sich eindrucksvoll gegen ihre männlich gelesenen Kollegen durchsetzen und Frauen*vernetzung innerhalb eines von Männer* dominierten Berufsfeldes – die intersektional queerfeministische Herzkammer ist in den Flimmerwochen. (Keine Sorge, in der Serie kommen keine solch schlechten Wortwitze vor, zumindest nicht in der deutschen Übersetzung) Sehr erfreulich ist zudem auch der ganz selbstverständliche und normale Umgang mit Bi- und Homosexualität.
Summa summarum möchte ich noch einmal den kürzesten Satz dieser Rezension zitieren: „Es lohnt sich!“
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