Nicht in meinem Namen – lautet die häufig von Anti-Todesstrafe- Aktivisten skandierte Parole. Sie nehmen damit Bezug auf gerichtliche Urteile, die im Namen des Volkes ausgesprochen werden und verdeutlichen, dass der niemand – auch nicht der Staat – in ihrem Namen töten soll. Im vergangenen Jahr wurden weltweit mindestens 676 Todesurteile vollstreckt. Im Vergleich zum Vorjahr markiert diese Zahl einen enormen Anstieg. Dabei handelt es sich um als gesichert geltende Daten. Darin enthalten, sind nicht die mehreren Tausend Hinrichtungen in China und die mehreren Hundert Hinrichtungen im Iran, die schätzungsweise dort durchgeführt wurden. Ebenfalls als gesichert gilt, dass im Jahr 2011 zwar weniger Staaten, die Todesstrafe vollstreckt haben aber mehr Menschen hingerichtet wurden als noch im Jahr 2010. Am 10. Oktober 2012 jährt sich der internationale Tag gegen die Todesstrafe zum zehnten Mal. Doch auch in Ländern, in denen die Todesstrafe abgeschafft ist, halten sich einige vermeintlich positive Aspekte der Todesstrafe und treten, im hin und wieder aufkeimenden öffentlichen Diskurs, als hartnäckige Argumente zutage.

Das Verwirkungsargument
„Jemand der einem anderen das Leben nimmt, hat sein eigenes verwirkt“. Dieses Argument  entspringt derselben Kategorie, wie der Verweis schon im alten Testament sei die Todesstrafe durch den Vers „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ vorgesehen gewesen. Tatsache ist jedoch, dass dieser Verwirkungsgedanke sich nirgends in der modernen Rechtsprechung finden lässt. So verwirkt ein Dieb auch nicht sein Recht auf Eigentum. Bei genauer Betrachtung steht auch die biblische Argumentation auf Sand. Zum einen markierte der besagte Vers eine Beschränkung der Bestrafung auf das Ausmaß der eigentlichen Straftat und ist damit nicht als Freifahrtschein für individuelle morbide Rachegelüste zu verstehen. Zum anderen enthält das alte Testament auch die Vorschrift „Du sollst nicht töten“. Ganz zu schweigen davon, dass dieses Argument die Tatsache, dass sehr viele Todesurteile nicht für Mord oder Totschlag ausgesprochen werden verkennt. Die Todesstrafe wird oftmals auch für Drogenhandel, Ehebruch, Homosexualität oder durch Militärgerichte für Feigheit vor dem Feind oder Desertion, verhängt.

Das Sicherheitsargument
In diese Kategorie lassen sich Behauptungen einorden, die besagen, die Todesstrafe wirke abschreckend, sorge so für ein Fallen der Kriminalitätsrate und sei überhaupt die einzige wirksame Schutz gegenüber Triebtätern. Keine dieser Behauptungen kann jedoch für sich in Anspruch nehmen auf irgendeine Art und Weise belegt zu sein. Es existiert keine Statistik die beweist, dass die Existenz oder die Einführung der Todesstrafe zu einem Sinken der Kriminalitätsrate führt. Vielmehr verhält es sich so, dass durch die Todesstrafe der Respekt vor menschlichem Leben sinkt. Wie sollte dieser auch steigen, wenn wir um zu zeigen, dass Töten Unrecht ist selber töten? Außerdem werden die meisten Tötungsdelikte im Affekt begangen. Also in einer Situation in der keine Abwägung über die möglichen Konsequenzen stattfindet. Studien belegen, dass für die Kriminalitätsrate nicht das Strafmaß entscheidend ist, sondern das Risiko verurteilt zu werden.
Die Debatte, wie und ob Triebtäter für ihre Taten verantwortlich gemacht werden können, führt an dieser Stelle zu weit. Die meisten Triebtäter gehen aber, wie Selbstgeständnisse und Statistiken belegen, geplant vor und versuchen dabei ebenfalls das Risiko einer Verurteilung zu minimieren. Das Strafmaß ist auch hier zweitrangig. Außerdem muss eingewandt werden, dass auch bei der Todesstrafe die Gefahr des Justizirrtums besteht, der sich eben nicht rückgängig machen lässt..

Die persönliche Betroffenheit
Weniger ein Argument, als vielmehr eine psychologische Finte, die häufig von Befürwortern der Todesstrafe angewandt wird, ist das Abstellen auf die persönliche Betroffenheit. Häufig wird dann behauptet man sei selbst nur solange gegen die Todesstrafe bis ein Freund oder naher Familienangehöriger Opfer eines Gewaltverbrechens wird. Dem kann sicher von sehr wenigen Menschen ehrlich widersprochen werden. In den Medien bekannt gewordene Tötungsdelikte lassen Rufe nach härteren Strafen laut werden. Bei der Todesstrafe geht es aber nicht um emotionale Impulse in Ausnahmezuständen, sondern um staatliches Handeln. Es ist die größte Errungenschaften der Moderne, dass eben jenes Handeln nicht vom Gemütszustand einiger weniger abhängt.

Abschaffung jetzt!
Die Liste der Argumente ließe sich beliebig weiter abarbeiten ohne, dass ein einziges stichhaltiges Argument für die Todesstrafe gefunden werden könnte. Tötungsdelikte sind gesamtgesellschaftlich betrachtet eher die Ausnahme als die Regel. Diesem Umstand wird am besten Rechnung getragen, indem sich die Gesellschaft zu keinem Zeitpunkt auf eine Stufe mit dem Täter stellt. Politisches Handeln sollte solchen emotionalen Ausbrüchen nicht begegnen, indem es individuelle Rachegelüste legitimiert, sondern als Spiegel der Gesellschaft eine bessere Rolle darstellen. Die einzige Konsequenz kann daher nur die weltweite Abschaffung der Todesstrafe sein.

Weitere Informationen:
http://www.amnesty-todesstrafe.de/files/ACT50-001-2012_uebersetzung.pdf
http://www.amnesty-todesstrafe.de/files/reader_wenn-der-staat-toetet_laenderliste.pdf
http://www.amnesty-todesstrafe.de/files/reader_wenn-der-staat-toetet.pdf

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