10352783_411744972296566_1866114591139073285_nVon Diana Lehmann, migrationspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Thüringer Landtag

Es ist schon einigermaßen paradox, was in der Flüchtlingspolitik auf Bundesebene gerade passiert. Es ist nur wenige Wochen her, da stand es außer Frage, dass wir Kindern und Frauen aus Krisengebieten in Deutschland Schutz bieten. wird selbst das in Frage gestellt – als Ergebnis einer Debatte, die mal damit begann, dass das Grundrecht auf Asyl nicht ausgehöhlt werden darf. Zwischenzeitlich hat sich vieles verändert. Die Zahl der Flüchtlinge ist deutlich gestiegen, die gesellschaftliche und politische Debatte hat sich kontinuierlich verschärft.

Angefangen hat sie mit der Unterscheidung zwischen Kriegsflüchtlingen und sog. Wirtschaftsflüchtlingen. Es wurde beteuert, dass es nicht in Frage steht, dass denen, die aufgrund von Krieg und Verfolgung bedroht sind, Schutz und Aufnahme gewährt werden müsse. Dann stiegen die Zahlen der Kriegsflüchtlinge u.a. aus Syrien, Afghanistan, Irak und dem Iran. Gefolgt von einer Debatte darum, dass Frauen und Kindern zuerst Schutz in Deutschland finden müssten. Das CDU, CSU und SPD im Bund sich jetzt dafür ausgesprochen haben, den Familiennachzug für die kommenden zwei Jahre auszusetzen, führt die Debatte insgesamt ad absurdum. Unter den neuen Regelungen werden genau die leiden, von denen in der politischen und gesellschaftlichen Debatte bislang behauptet wurde, sie stünden unter besonderem Schutz. Ob man sich der Konsequenzen bewusst ist, bleibt unklar. Bedeuten wird es, dass zukünftig mehr Frauen und Kinder den gefährlichen Fluchtweg nach Deutschland nehmen werden. Und genau hier muss uns klar sein, dass wir politisch die Verantwortung für diejenigen tragen, die den Weg über das Mittelmeer nicht schaffen.

Wichtig wäre im Moment dabei vor allem eines: Das Politik zeigt, dass sie weiß, wie sie mit den Herausforderungen in der Flüchtlingspolitik umgeht.  Das sie Wege zeigt, mit der wir die großen Aufgaben der Aufnahme und Integration sicherstellen. Das wir aufzeigen, wie Schulen, Kindertagesstätten, die Jugendhilfe, Vereine und die Arbeitswelt  einen Beitrag leisten können und welche Voraussetzungen wir dort für ein Gelingen schaffen müssen. Dann geht es sicherlich auch um die Frage, wie groß die Bereitschaft der Geflüchteten ist, sich hier zu integrieren, die Sprache zu lernen, einen Abschluss zu machen oder eine Arbeit zu finden. Zeigen, dass sie sich in einer demokratischen und pluralen Gesellschaft zurecht zu finden. Integration heißt nicht Anpassung. Unsere Gesellschaft, jede*r Einzelne von uns, wird zeigen müssen, dass er*sie bereit ist, Vielfalt und Toleranz, Freiheit und Solidarität der Gemeinschaft, unserer modernen Art zu leben eben – beibehalten möchte.  Es geht um nicht weniger als die Frage, wie wir zusammen leben wollen und um die Freiheit, dass wir als Individuen das selbst entscheiden zu können.

Der Grundsatz auf den wir uns hier immer berufen, das Grundgesetz, wird derzeit durchaus in Frage gestellt. Von Nazis, Rassisten und Menschenfeinden, die in Thüringer Städten demonstrieren, die Geflüchtete und anders Denkende angreifen oder Asylbewerberheime anzünden. Deshalb ist für mich klar was jetzt politisch zu tun ist: Wir müssen Vorbild sein um Menschen Orientierung zu bieten, wir müssen  klar kommunizieren, um deutlich zu machen, dass wir derartige Übergriffe nicht tolerieren, dass Rassismus und Fremdenfeindlichkeit bei uns keinen Platz haben. Weil es um unsere Demokratie geht.

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