Die aufgedeckten Morde eines Nazinetzwerks haben zu einer Entrüstung von Medien und Politik über die Qualität rechtsextremistischen Terrors in Deutschland geführt. Die Debatte und die Aufklärung des Versagens staatlicher Behörden, wie dem Verfassungsschutz und Landeskriminalämtern ist zwingend erforderlich, darf aber nicht eine Auseinandersetzung über rechte Einstellungsmuster und deren Gründe überschatten oder gar verhindern.
Es ist ein Skandal, dass erst die Aufklärung von Morden zu einer ernsthaften Auseinandersetzung mit faschistischem Gedankengut führt. Verwunderung ruft diese Tatsache aber nicht hervor, denn der mediale aber auch politische Fokus hat sich in den letzten Jahren massiv verschoben. Islamistischer Extremismus, der immer wieder, ob begründet oder nicht, öffentlichkeitswirksam propagiert wurde hat zu Ressentiments gegenüber einer ganzen Gruppe von Menschen geführt. Wahlerfolge von islamophoben-rechtsextremen Parteien in vielen europäischen Ländern, die Gründung von „Pro-Bewegungen“ in Deutschland aber auch Pressemeldungen der Jungen Union Thüringen dokumentieren dieses neue Feindbild. Rassismus gegenüber Muslimen ist ein Teil der gesellschaftlichen Normalität geworden. Besondere Verantwortung dafür tragen auch die beiden Volksparteien SPD und CDU. Während die CDU über eine christliche Leitkultur debattiert, akzeptiert die SPD Rassist_innen wie Thilo Sarrazin in ihren Parteireihen. Gerade wir Jusos müssen nochmals ein deutliches Zeichen setzen, dass solch ein rassistischer Hetzer nichts in unserer Partei zu suchen hat und das die CDU sich gegenüber dem rechten Lager abgrenzen muss und dort nicht neue Wähler_innen zu Suchen hat.
Ein anderes Merkmal der neuen Fokussierung ist die Gleichsetzung von sogenannten Links- und Rechtsextremismus und die damit verbundene Kriminalisierung antifaschistischen Engagements. Mit der Generalverdächtigung von Vereinen und Gruppen die sich Zivilgesellschaftlich engagieren, durch Maßnahmen wie der Extremismusklausel, hat die CDU eine tragende Schuld an der sich ausbreitenden Ausgrenzung von zivilgesellschaftlichen Engagements gegen rechts. Die Forderung nach einem Verbot der Jugendorganisation der Partei „Die Linke“ durch die JU-Thüringen, einen Tag nachdem sich tausend Menschen in Gera Nazis in den Weg setzten oder die Ankündigung von Frau Lieberknecht die Mittel des Landesprogramms für Vielfalt, Toleranz und Menschlichkeit gezielt für die Auseinandersetzung mit dem Linksextremismus aufzustocken, zeigt deren völlig absurdes Gesellschaftsbild.
Auch die Medien bezeugen gerade den Eindruck Fähnchen im Wind zu sein. So waren die Schlagzeilen bspw. von Dresden Nazifrei nicht die menschenverachtende Ideologie des braunen Gesindels sondern brennende Autos und Auseinandersetzungen zwischen Gegendemonstranten und Polizei. Die eigene Verantwortung für die Entwicklung einer aktiven Gesellschaft, die sich mutig rechten Gedankengut in den Weg stellt sollte gerade auch in den Medien selbstkritisch hinterfragt werden.
Wir Jusos kämpfen gegen Fremdenfeindlichkeit, Homophobie und Rassismus auch in der Mitte unserer Gesellschaft. Gleiche Lebensverhältnisse, die Förderung von demokratischer und antirassistischer Bildungsarbeit, Ausstiegsprogramme, die Finanzierung von lokalen Aktionsplänen, Angebote für Kinder- und Jugendarbeit und die Sicherstellung von Initiativen und Vereinen müssen Maxime sozialdemokratischer Politik für eine offene und tolerante Gesellschaft sein. Alle halbe Jahre ein NPD Parteiverbot zu fordern ändert nichts an gesellschaftlichen Realitäten. Diese sich einzugestehen ist ein erster richtiger Schritt im Kampf gegen rechts. Wir werden der SPD dabei helfen.
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